Veröffentlicht am April 12, 2024

Die weitverbreitete Annahme, Sin Sod sei nur ein „Brautpreis“, ist ein gefährlicher Irrtum, der westliche Partner direkt in finanzielle und soziale Fettnäpfchen führt.

  • Es handelt sich um einen komplexen sozialen Vertrag, der Ihre Beziehung zur gesamten Familie Ihres Partners oder Ihrer Partnerin besiegelt.
  • Die Interpretation nonverbaler Signale wie Lächeln oder eines zögerlichen „Ja“ ist entscheidender als die verhandelte Geldsumme.

Empfehlung: Lernen Sie, die kulturellen Codes zu entschlüsseln und die Bedeutung von „Gesicht wahren“ zu verstehen, bevor Sie überhaupt über Geld sprechen.

Die Vorstellung, in Thailand die große Liebe zu finden, ist für viele ein Traum. Die warmherzige Kultur, die atemberaubende Landschaft und die freundlichen Menschen schaffen eine Atmosphäre, in der romantische Gefühle schnell aufkeimen. Doch sobald die Beziehung ernster wird, stoßen westliche Partner unweigerlich auf ein Konzept, das ebenso faszinierend wie verwirrend ist: die Sin Sod, das traditionelle Brautgeld. Die meisten Ratgeber beschreiben es oberflächlich als eine Geste des Respekts gegenüber den Eltern der Braut, eine Art Dankbarkeit für die Erziehung.

Aber hier liegt die erste und größte Falle. Wenn Sie als Deutscher, gewohnt an klare Absprachen und finanzielle Unabhängigkeit, die Sin Sod als reine Transaktion betrachten, haben Sie bereits den ersten Schritt auf einem kulturellen Minenfeld getan. Die Wahrheit ist weitaus komplexer und tiefgründiger. Die Sin Sod ist kein Kaufpreis. Sie ist der sichtbare Teil eines unsichtbaren sozialen Vertrags, ein Symbol für Ehre, Verantwortung und vor allem für die Wahrung des Gesichts – sowohl für Sie als auch für die gesamte Familie Ihres Partners.

Vergessen Sie die einfachen Erklärungen. Um in einer interkulturellen Beziehung mit einem Thai-Partner wirklich erfolgreich und glücklich zu sein, müssen Sie die ungeschriebenen Gesetze hinter der Sin Sod verstehen. Es geht nicht nur darum, *was* Sie geben, sondern *wie* Sie kommunizieren, *wie* Sie sich in der Öffentlichkeit verhalten und *wie* Sie die subtilen Signale deuten, die in der thailändischen High-Context-Kultur alles bedeuten. Dieser Artikel bricht die Tabus und gibt Ihnen die direkten, ungeschminkten Einblicke, die Sie brauchen, um nicht nur Ihr Geld, sondern vor allem Ihr Ansehen und Ihre Beziehung zu schützen.

Dieser Leitfaden ist so strukturiert, dass er die häufigsten Fallstricke für Westler aufdeckt und Ihnen praktische Werkzeuge an die Hand gibt, um die thailändische Kultur der Beziehungen wirklich zu verstehen. Wir werden die ungeschriebenen Regeln von der ersten Begegnung bis hin zu familiären Verpflichtungen entschlüsseln.

Warum ist der Ort des Kennenlernens entscheidend für die Absichten?

Als Coach für interkulturelle Paare ist dies die erste und wichtigste Lektion: Der Kontext ist alles. In einer direkten Low-Context-Kultur wie der deutschen ist es normal, potenzielle Partner an verschiedensten Orten zu treffen – von der Bar über die Arbeit bis hin zur Uni. In Thailand ist der Ort des Kennenlernens jedoch ein starker Indikator für die Ernsthaftigkeit und die sozialen Erwartungen. Eine Beziehung, die am Arbeitsplatz, über gemeinsame Freunde oder in einem akademischen Umfeld beginnt, startet auf einer völlig anderen Vertrauensbasis als eine, die in einer Touristen-Bar in Pattaya oder Phuket ihren Anfang nimmt.

Das ist keine moralische Wertung, sondern eine soziologische Tatsache. Die thailändische Gesellschaft legt großen Wert auf den sozialen Status und den Ruf. Eine Person, die Sie in einem „respektablen“ Umfeld kennenlernen, hat mehr „Gesicht“ zu verlieren und wird daher mit größerer Wahrscheinlichkeit ernsthafte Absichten hegen. Dies spiegelt sich direkt in den Erwartungen bezüglich der Sin Sod wider. Bei einer Frau mit Universitätsabschluss und gutem Job, die Sie im beruflichen Kontext treffen, ist die Sin Sod oft symbolischer. Bei einer Begegnung im Nachtleben besteht hingegen ein höheres Risiko, dass finanzielle Erwartungen im Vordergrund stehen. Dies ist besonders relevant, da Studien bestätigen, dass über 109.000 Thailänder in Deutschland leben, was interkulturelle Begegnungen auch hierzulande immer häufiger macht.

Ihre Checkliste zur Absichtsprüfung

  1. Kontext des Kennenlernens prüfen: Bewerten Sie nüchtern, ob der Ort (Touristen-Bar vs. Arbeitsplatz/Universität) auf eine transaktionale oder eine beziehungsorientierte Absicht hindeutet.
  2. Frühe Geldforderungen inventarisieren: Notieren Sie jede finanzielle Anfrage in den ersten Monaten. Häufige „Notfälle“ sind ein massives Warnsignal.
  3. Hintergrund abgleichen: Stimmen Bildungsstand, beruflicher Hintergrund und die Erzählungen der Person mit dem Umfeld und den finanziellen Forderungen überein?
  4. Gespräche über die Familie analysieren: Wird die Familie als Stütze oder primär als finanzielle Verpflichtung dargestellt? Das gibt Hinweise auf den erwarteten „Unterhalt“.
  5. Reaktion auf ein „Nein“ beobachten: Lehnen Sie eine kleine, unangemessene Bitte höflich ab. Die Reaktion (Wut vs. Verständnis) ist ein entscheidender Indikator für die wahren Motive.

Seien Sie sich dieser Dynamik von Anfang an bewusst. Es bewahrt Sie davor, Naivität mit Offenheit zu verwechseln und legt den Grundstein für eine Beziehung auf Augenhöhe.

Warum heiraten Sie in Thailand immer die ganze Familie mit?

Das westliche Konzept der Ehe basiert auf der romantischen Verbindung zweier Individuen, die eine neue, unabhängige Einheit bilden. In Thailand ist dieses Konzept fremd. Hier gilt das ungeschriebene Gesetz: Du heiratest nicht nur eine Person, du heiratest ihre gesamte Familie. Diese kollektivistische Denkweise ist der Schlüssel zum Verständnis fast aller sozialen und finanziellen Dynamiken, einschließlich der Sin Sod. Das Geld ist nicht nur für die Braut oder ihre Eltern; es ist ein Zeichen an die gesamte Gemeinschaft, dass Sie in der Lage und willens sind, Verantwortung für ein Mitglied ihres Kollektivs zu übernehmen.

Dieses Prinzip erklärt, warum erwachsene Kinder oft finanziell für ihre Eltern und manchmal sogar für erweiterte Familienmitglieder aufkommen. Es wird nicht als Last empfunden, sondern als selbstverständliche Pflicht und Ehre. Wenn Sie eine ernsthafte Beziehung eingehen, wird erwartet, dass Sie diese Rolle mittragen. Eine Studie über in Deutschland lebende Thailänderinnen bestätigt, dass die meisten unter starkem Heimweh leiden und die finanzielle Unterstützung ihrer Familien in Thailand als selbstverständlich ansehen. Ignorieren Sie diese Realität, sind Konflikte vorprogrammiert.

Thailändische Großfamilie beim traditionellen Zusammentreffen im ländlichen Thailand

Die Großfamilie ist der soziale und emotionale Ankerpunkt. Wie das Bild zeigt, ist das Leben oft ein Gemeinschaftsprojekt. Ihre Bereitschaft, sich in diese Struktur zu integrieren – nicht nur finanziell, sondern auch durch Respekt und Anwesenheit bei Familienfesten – ist entscheidender für Ihr Ansehen als die reine Höhe der Sin Sod. Ein Westler, der versucht, seine Partnerin von ihrer Familie zu „isolieren“, wird unweigerlich scheitern und als egoistisch und respektlos gelten. Er verliert sein Gesicht.

Akzeptieren Sie diese kollektive Realität von Anfang an. Sehen Sie es nicht als Bürde, sondern als Chance, Teil von etwas Größerem zu werden. Das wird Ihnen mehr Respekt einbringen als jede Geldsumme.

Wann ist Geld senden normal und wann werden Sie ausgenommen?

Dies ist die heikelste Frage und der Punkt, an dem die meisten interkulturellen Beziehungen scheitern. Die kurze Antwort lautet: Es kommt darauf an. Die lange Antwort erfordert ein tiefes Verständnis für die Balance zwischen kultureller Verpflichtung und persönlicher Ausbeutung. Regelmäßige, moderate Unterstützung für die Eltern (z.B. für Arztrechnungen oder Lebenshaltungskosten) kann als normal und ehrenhaft angesehen werden, besonders wenn die Partnerin aus einer ländlichen, ärmeren Region kommt. Es ist Teil des „sozialen Vertrags“, den Sie eingehen.

Die Alarmglocken sollten jedoch schrillen, wenn die Anfragen früh, häufig und für unplausible „Notfälle“ kommen: ein krankes Familienmitglied pro Monat, ein kaputtes Moped, das schon wieder repariert werden muss, oder Schulden, die dringend beglichen werden müssen. Dies ist oft ein Muster von gezielter Ausnutzung, das nichts mit Tradition zu tun hat. Die Höhe der geforderten Sin Sod selbst ist ein wichtiger Indikator. Ein Betrag, der weit über dem liegt, was für den sozialen Status und die Bildung der Frau üblich ist, ist ein klares Warnsignal.

Die folgende Tabelle gibt Ihnen realistische Anhaltspunkte, die auf dem sozialen Status basieren. Diese Zahlen sind Richtwerte, verdeutlichen aber die Logik dahinter.

Übliche Sin Sod Beträge nach sozialem Status der Braut
Situation der Braut Üblicher Sin Sod Betrag Besonderheiten
Universitätsabschluss, nie verheiratet 300.000 – 500.000 THB Oft teilweise oder ganz zurückgegeben
Bereits Kinder vorhanden 50.000 – 100.000 THB Deutlich reduzierter Betrag
Zweite Ehe 0 – 100.000 THB Tradition oft nicht mehr angewendet
Mittelschicht Bangkok 200.000 – 1.000.000 THB Meist symbolisch, wird zurückgegeben
Ländliche Herkunft, einfache Bildung 100.000 – 300.000 THB Verbleibt meist bei der Familie

Ihre beste Verteidigung ist Wissen und klare, respektvolle Kommunikation. Setzen Sie von Anfang an Grenzen, aber tun Sie dies auf eine Weise, die das Gesicht Ihres Partners und seiner Familie wahrt.

Warum sollten Sie in der Öffentlichkeit niemals knutschen?

Für viele Westler ist körperliche Zuneigung in der Öffentlichkeit, wie Händchenhalten, eine Umarmung oder ein Kuss, ein normaler Ausdruck von Liebe. In Thailand ist dies ein Fauxpas, der von Respektlosigkeit und schlechter Erziehung zeugt. Öffentliche Zurschaustellung von Zuneigung, insbesondere leidenschaftliches Küssen, wird als höchst unangebracht empfunden und bringt Ihren Partner in eine peinliche Situation. Sie lassen ihn oder sie „Gesicht verlieren“.

Dieses Verhalten wurzelt in einem zentralen kulturellen Konzept namens „Kreng Jai“ (เกรงใจ). Es lässt sich nur unzureichend als Höflichkeit oder Rücksichtnahme übersetzen. Es ist vielmehr ein tief verinnerlichtes Gefühl, andere nicht belästigen, stören oder in Verlegenheit bringen zu wollen. Es ist das Bestreben, stets die Harmonie zu wahren und Konfrontationen zu vermeiden. Ein öffentlicher Kuss stört diese Harmonie, weil er die umstehenden Personen zwingt, Zeuge einer intimen Handlung zu werden, was als unangenehm empfunden wird. Wie ein bekannter Reiseführer es treffend formuliert:

Kreng Jai ist mehr als Höflichkeit – es ist der unsichtbare Kitt, der das thailändische Zusammenleben harmonisch hält

– Thailand Sun Reiseführer, Höflichkeit Thailand – Das Herz der thailändischen Höflichkeit

Eine Studie zum Konzept des „Kreng Jai“ im Arbeitsumfeld zeigt, wie tief es verankert ist: Thailändische Mitarbeiter vermeiden es oft, direkte Kritik zu äußern oder Vorgesetzten zu widersprechen, nicht aus Angst, sondern aus dem Wunsch heraus, deren Gefühle nicht zu verletzen und sie nicht bloßzustellen. Dasselbe Prinzip gilt im Privaten. Indem Sie Ihren Partner öffentlich küssen, missachten Sie sein Bedürfnis nach Harmonie und sozialer Angemessenheit. Es wird als Zeichen dafür gewertet, dass Sie die thailändischen Werte nicht verstehen oder respektieren.

Zeigen Sie Ihre Zuneigung im Privaten. In der Öffentlichkeit sind Händchenhalten oder ein leichtes Berühren des Arms die maximal akzeptierten Gesten. Alles andere schadet dem Ansehen Ihres Partners – und damit auch Ihrem eigenen.

Wie interpretieren Sie das „Ja“, das eigentlich „Vielleicht“ heißt?

Stellen Sie sich vor, Sie fragen Ihren Partner: „Möchtest du heute Abend ins Kino gehen?“ Er oder sie lächelt und sagt „Ja“. Sie freuen sich, doch am Abend ist die Begeisterung verflogen und es kommt eine Ausrede. Als Deutscher, geprägt von einer Low-Context-Kultur, in der ein „Ja“ ein „Ja“ ist, fühlen Sie sich getäuscht. In Thailand haben Sie gerade eine Lektion in High-Context-Kommunikation erhalten. Das „Ja“ bedeutete nicht „Ja, ich will das unbedingt“, sondern eher „Ja, ich möchte dir nicht widersprechen und dich nicht enttäuschen“.

In Thailand ist die Wahrung der Harmonie wichtiger als die Übermittlung einer direkten, faktischen Wahrheit. Ein direktes „Nein“ wird oft als konfrontativ und unhöflich empfunden. Deshalb werden ausweichende Antworten, zögerliche Zustimmung oder sogar Schweigen verwendet, um Ablehnung auszudrücken. Studien zur High-Context-Kommunikation deuten darauf hin, dass über 90% der Thai-Kommunikation auf indirekten Signalen und nonverbalen Hinweisen beruht. Ihre Aufgabe ist es, diese Signale lesen zu lernen.

Um Missverständnisse zu vermeiden, müssen Sie Ihre Kommunikationsweise anpassen. Statt geschlossener Ja/Nein-Fragen sollten Sie offene Fragen stellen oder mehrere Optionen anbieten.

  • Statt: „Gehen wir heute Abend essen?“ (erzeugt Druck, „Ja“ zu sagen)
  • Besser: „Was möchtest du heute Abend machen? Wir könnten essen gehen, etwas kochen oder einfach entspannen.“

Achten Sie genau auf die Körpersprache: Ein schnelles, klares „Ja“ mit leuchtenden Augen ist echt. Ein zögerliches „Ja“ mit einem gequälten Lächeln und abgewandtem Blick ist fast sicher ein „Nein“. Dies erfordert Übung und Einfühlungsvermögen, ist aber der einzige Weg, um die wahre Absicht zu verstehen, ohne Ihren Partner in die Enge zu treiben.

Sehen Sie ein ausweichendes „Ja“ nicht als Lüge, sondern als einen Akt der Höflichkeit und des Respekts vor Ihren Gefühlen. Es ist eine Einladung, genauer hinzuhören und die wahre Antwort in den nonverbalen Signalen zu finden.

Was dürfen Sie in der Öffentlichkeit niemals tun, um einen Thai nicht bloßzustellen?

Das Konzept des „Gesicht Wahrens“ (รักษาหน้า, raksăa nâa) ist der Dreh- und Angelpunkt der thailändischen Gesellschaft. „Gesicht“ ist eine Metapher für den Ruf, die Ehre und das soziale Ansehen einer Person. Alles, was Sie tun oder sagen, kann entweder Ihr eigenes Gesicht und das anderer stärken oder es beschädigen. Die schlimmste soziale Sünde, die Sie begehen können, ist, jemanden öffentlich sein Gesicht verlieren zu lassen. Dies geschieht durch öffentliche Kritik, lautes Schimpfen, das Aufzeigen von Fehlern oder indem man jemanden in eine peinliche Situation bringt.

Ein Westler, der im Restaurant den Kellner lautstark zurechtweist oder seinen Partner auf der Straße wegen einer Nichtigkeit kritisiert, begeht einen schweren Fauxpas. Aus deutscher Sicht mag dies als legitime Beschwerde oder ehrliche Meinung durchgehen. Aus thailändischer Sicht ist es ein brutaler, unkultivierter Akt, der nicht nur den Kritisierten, sondern auch den Kritisierenden selbst das Gesicht kostet. Man wird Sie als jemanden ohne Manieren und ohne Respekt wahrnehmen.

Ein klassisches Beispiel aus dem Alltag verdeutlicht dies: Wenn Sie in einem Hotel ein Problem mit Ihrem Zimmer haben, sollten Sie niemals mit wütender Miene oder lauter Stimme an der Rezeption auftreten. Der thailändische Ansatz wäre, mit einem Lächeln auf das Problem hinzuweisen, fast so, als wäre es einem selbst unangenehm. Dieser respektvolle und deeskalierende Ansatz wahrt das Gesicht des Personals und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Problem schnell und zuvorkommend gelöst wird. Wer schreit, verliert. Er verliert sein Ansehen und bekommt in der Regel nicht, was er will, weil niemand einer Person helfen möchte, die ihm das Gesicht genommen hat.

Kritik und Meinungsverschiedenheiten gehören in den privaten Raum und müssen dort mit viel Taktgefühl und indirekter Sprache geäußert werden. In der Öffentlichkeit gilt: Harmonie und Respekt stehen über allem.

Warum ist „Getrennte Rechnungen“ in traditionellen Runden eine Beleidigung?

In Deutschland ist es völlig normal, nach einem gemeinsamen Essen im Restaurant „getrennt zu zahlen“. Jeder begleicht seinen eigenen Anteil, und niemand fühlt sich auf den Schlips getreten. In Thailand, besonders in einem traditionellen Kontext oder bei einem Date, ist der Vorschlag, die Rechnung zu teilen, eine subtile Beleidigung. Es widerspricht fundamental den Konzepten von Großzügigkeit, Gastfreundschaft und der Rolle des „Versorgers“.

Traditionell zahlt die Person, die eingeladen hat. Wenn ein Mann eine Frau zum Essen ausführt, ist es seine ungeschriebene Pflicht und sein Privileg, die Rechnung zu übernehmen. Damit zeigt er nicht nur sein Interesse, sondern auch seine Fähigkeit, für sie sorgen zu können – ein wichtiges Signal im Hinblick auf eine mögliche langfristige Beziehung. Wenn Sie als Mann vorschlagen, die Rechnung zu teilen, senden Sie unbewusst die Botschaft: „Ich bin entweder nicht willens oder nicht in der Lage, für dich zu sorgen.“ Dies führt zu Gesichtsverlust für beide Seiten: für Sie, weil Sie knauserig wirken, und für sie, weil es den Anschein hat, sie sei mit jemandem zusammen, der sich nicht um sie kümmern kann.

Dieses Verhalten ist besonders für die fast 800.000 deutschen Touristen, die Thailand jährlich besuchen, ein häufiger Stolperstein. In modernen Kreisen in Bangkok, besonders unter jungen, westlich orientierten Thais, mag das Teilen der Rechnung gelegentlich vorkommen. Aber sobald Eltern oder ältere Personen anwesend sind, ist es tabu. Die korrekte Etikette ist, dass der Einladende oder die ranghöchste Person zahlt. Sie können höflich anbieten, zu übernehmen, aber wenn Ihr Angebot abgelehnt wird, bestehen Sie nicht darauf. Das wäre wiederum ein Akt, der das Gesicht des anderen in Frage stellt.

Sehen Sie das Bezahlen der Rechnung nicht als finanzielle Belastung, sondern als Investition in die Beziehung und als Zeichen des Respekts. Es ist eine kleine Geste mit enormer symbolischer Wirkung.

Das Wichtigste in Kürze

  • Familie vor Individuum: In Thailand heiraten Sie eine ganze soziale Struktur. Die Verpflichtung gegenüber der Familie Ihres Partners ist real und wird erwartet.
  • Nonverbale Codes sind Gesetz: Ein Lächeln ist nicht nur ein Lächeln und ein „Ja“ ist nicht immer ein „Ja“. Ihre Fähigkeit, Körpersprache und Kontext zu deuten, ist entscheidend.
  • Gesicht wahren ist alles: Vermeiden Sie öffentliche Konfrontationen, Kritik oder übermäßige Zuneigung. Harmonie und Respekt stehen über der direkten, faktischen Wahrheit.

Warum bedeutet ein Lächeln in Thailand nicht immer Zustimmung oder Freude?

Thailand ist als das „Land des Lächelns“ bekannt, aber das ist eines der größten Missverständnisse für Westler. Ein Lächeln ist in der thailändischen Kultur weniger ein Ausdruck von persönlichem Glück als vielmehr ein soziales Werkzeug. Es dient der Kommunikation, der Deeskalation, der Verlegenheit und der Wahrung des Gesichts. Es gibt Dutzende von Arten des Lächelns, und jede hat eine spezifische Bedeutung, die vom Kontext abhängt. Wenn Sie annehmen, dass jedes Lächeln Freude oder Zustimmung bedeutet, werden Sie unweigerlich falsche Schlüsse ziehen.

Das thailändische Wort für Herz, „Jai“ (ใจ), ist die Wurzel unzähliger Ausdrücke, die Gefühle beschreiben und die Vielfalt des Lächelns erklären. Zum Beispiel gibt es das „Yim haeng“ (ยิ้มแห้ง), ein „trockenes Lächeln“, das Verlegenheit oder Unbehagen in einer peinlichen Situation zeigt. Oder das „Yim sou“ (ยิ้มสู้), ein „kämpfendes Lächeln“, das man aufsetzt, um eine schwierige Situation zu ertragen oder einen Konflikt zu vermeiden. Wenn Sie Ihrem Partner eine schlechte Nachricht überbringen und er lächelt, ist das wahrscheinlich kein Zeichen von Gleichgültigkeit, sondern ein Versuch, die Fassung zu wahren und die Situation zu deeskalieren.

Für einen Deutschen, der gewohnt ist, Emotionen direkter auszudrücken, ist dieses Verhalten schwer zu deuten. Der Schlüssel liegt darin, auf die Gesamtheit der Signale zu achten: die Augen, die Körperhaltung und den Kontext. Ein echtes Lächeln der Freude („Yim thim“, ยิ้มพิมพ์ใจ) erreicht die Augen und verändert den gesamten Gesichtsausdruck. Ein soziales Lächeln ist oft auf den Mund beschränkt. Die folgende Tabelle zeigt einige der wichtigsten Arten des Lächelns.

Arten des Lächelns und ihre Bedeutungen
Art des Lächelns Thai Begriff Bedeutung Kontext
Entschuldigungs-Lächeln Yim cheun chom Verlegen, um Verzeihung bittend Nach kleinen Fehlern
Verlegenheits-Lächeln Yim haeng Unsicherheit, Unbehagen In peinlichen Situationen
Konfliktvermeidungs-Lächeln Yim sou Deeskalation Bei Meinungsverschiedenheiten
Höflichkeits-Lächeln Yim tak tai Formelle Freundlichkeit Geschäftliche Begegnungen
Echtes Freude-Lächeln Yim thim Aufrichtige Freude Bei echtem Glück

Lernen Sie, die Sprache des Lächelns zu entschlüsseln, denn sie verrät mehr als tausend Worte.

Betrachten Sie ein Lächeln nicht als einfache Emotion, sondern als komplexe soziale Botschaft. Fragen Sie sich immer: Welche Funktion erfüllt dieses Lächeln in genau dieser Situation? Das wird Ihre interkulturelle Intelligenz enorm schärfen.

Häufige Fragen zur Sin Sod in Thailand

Ist Sin Sod gesetzlich vorgeschrieben?

Nein, Sin Sod ist eine rein kulturelle Tradition und keine gesetzliche Verpflichtung. Bei der offiziellen Registrierung der Ehe auf dem Standesamt wird die Sin Sod in keiner Weise erwähnt oder rechtlich verankert.

Kann man über die Höhe verhandeln?

Ja, Verhandlungen sind nicht nur üblich, sondern werden sogar erwartet. In der Regel findet dies in einem respektvollen Gespräch zwischen den Eltern beider Seiten statt. Es ist ein Prozess des Gebens und Nehmens, um eine Summe zu finden, die für beide Familien ehrenhaft ist.

Was sind Warnsignale für Betrug?

Seien Sie wachsam bei sehr frühen Heiratswünschen kurz nach dem Kennenlernen, überhöhten Forderungen (z.B. weit über 500.000 THB ohne entsprechenden sozialen Status der Braut) und wiederholten, dringenden Anfragen für Geld wegen angeblicher Notfälle.

Geschrieben von Marc Hoffman, Relocation-Consultant und Digital Nomad Coach in Chiang Mai. Experte für Visa-Recht, Langzeitaufenthalte und Remote-Work-Infrastruktur in Südostasien.